So eine langsame Anreise (also kein Fliegen, keine Autobahn) hat ja Vor- und Nachteile.
Die Vorteile: Man reist bewusster, sieht auch die Schönheiten auf dem Weg (der erste Blick auf die Berge am Horizont – Wahnsinn!), schätzt das Näher- und Ankommen viel mehr (“Da, das erste Nummernschild von dort!” – “Nur noch 96 km – endlich zweistellig!” – “Guck mal, der Fernsehturm!” “Das Ortseingangsschild – wir sind da!!!”).
Der Nachteil: Es dauert.
Und ich gebe zu, dass ich jetzt, noch immer das frühmorgendliche Muhen der Kühe im Ohr, mit dem Gedanken spiele, einfach durchzuheizen, um noch am Abend in Venedig zu sein. Aber dann würde ich mir zum einen den ersten Blick auf die Stadt verwehren und zum anderen sicher Schwierigkeiten mit der Schlafplatzsuche haben. Gibt es in Venedig versteckte Ecken, in denen ich mein Zelt oder auch nur meinen Schlafsack ausbreiten kann?
Also weiter im normalen, entspannten Tempo – ich komme so weit, wie ich eben komme. In der Kälte kann man/ ich ohnehin nicht ewig fahren, spätestens jede Stunde brauche ich eine Pause. So geht es durch Untertauern, Obertauern und Kärnten – alles Wintersportparadiese, in denen wegen Corona kaum ein Mensch rumläuft. Es ist fast ein bisschen gruselig.
Kurz vor 18 Uhr überquere ich die italienische Grenze – allein das Schild und ein geschlossenes Verwaltungsgebäude weisen den Ort als diese aus.
Nicht viel später finde ich hinter einer Apotheke eine Grünfläche und baue mein Zelt auf. Ich kann es kaum erwarten, in den Schlafsack zu krabbeln – es ist so kalt! In der Apotheke darf ich die Toilette benutzen. Die Dusche im Toilettenraum funktioniert leider nicht.
Drei Dinge erfreuen mich auf der letzten Etappe vor Venedig: ein geöffneter Hähnchengrill inmitten geschlossener Lokale, ein leer stehendes Haus, in dessen Hinterhof sich ein Waschbecken mit funktionierendem Wasserhahn befindet (das erste Mal Haarewaschen seit vier Tagen!) und natürlich die Aussicht, dass ich heute ganz gewiss in Venedig ankomme. Und was soll ich sagen? Es ist aufregend!!!